In einem gemeinsamen Workshop mit zwei Studentinnen des Institutes für Kunstpädagogik und drei Jugendstrafgefangenen der JSA Regis-Breitingen wurden aus dem Kompendium ˈDo itˈ die Handlungsanweisungen von Jorge Macchi, Hans-Peter Feldmann, David Lynch sowie Fischli & Weiss umgesetzt. Der Ort der künstlerischen Beschäftigung war ein knapp 30qm großes, den Jugendlichen vertrautes Atelier mit einem sich daran anschließenden Flur. Die gemeinsame Arbeitszeit betrug 6 Stunden mit bedarfsorientierten Pausen. Es entstanden multimediale Arbeiten in den Bereichen der Fotografie, der Zeichnung und dem Text.

Drei 21-jährige jugendliche Inhaftierte nahmen intrinsisch motiviert an diesem Prozess teil. Die  Teilnehmer schulten sich künstlerisch-kreativ seit knapp einem Jahr innerhalb der Ästhetischen Erziehung und Bildung in der JSA Regis-Breitingen.

Die Besonderheit in der konzeptionellen Projektdurchführung lag darin, fachlich-pädagogisch zu bedenken, dass die  ausgewählten Jugendlichen unter sozial-emotionalen Beeinträchtigungen wie dem AD(H)S sowie dessen komorbiden Störungen leiden, zudem den klassifizierten Belastungen in der Selbst- und Fremdwahrnehmung, dem Selbstwert und -bewusstsein, in der Konzentration und Ausdauer sowie in der Impulssteuerung unterliegen.

In der gemeinsamen Erarbeitung der Handlungsanweisungen und gegenseitigen Beobachtung von Jugendstrafgefangenen und Anleiterinnen durften sich diese Eigenheiten als besonders spannend und kreativ wertvoll herausstellen. Kennzeichnend dafür zeigte sich das individuelle Verständnis für die  Instruktionen des jeweiligen Künstlers und die analogen bildnerischen Interpretationen. In jeder der vier Anleitungen  wurden drei subjektive spielerische Herangehensweisen erreicht, die bei den drei Jugendlichen ein ungewöhnliches Interesse an der Arbeit des anderen auslösten.

Jede einzelne künstlerische Direktive stellte vielversprechenden Platz für die werksintegrative Selbstspiegelung der Jugendstrafgefangenen bereit. Dadurch provozierte der hiesige rezeptive Kunstdiskurs sowohl Fragen als auch Erzählmomente zu Themen wie Angst, Vertrauen und Identität.

Diese erlebten, sehr persönlichen und weiterführenden Vorgänge signalisierten, dass Konzepte wie ˈDo itˈ in ihrer formalen Anwendung aufgrund des umfangreichen (Handlungs-)Spielraumes einen (sozial-)pädagogischen und teils heilkräftigenden Mehrwert erreichen und nutzbar gestalten können.

Kunstabsichten wie ˈDo itˈ haben zudem beispielhaft dokumentiert, dass diese besonderen, sozialkritisch vorgeprägten Teilnehmer wie unsere Jugendstrafgefangenen einen fristlosen und durchdringenden Beziehungsaufbau zu den ihnen noch unbekannten Anleiterinnen herstellen  können.

Dieses neu erfahrene Wissen um diese Fähigkeit und die künstlerischen Instruktionen gaben ihnen die Sicherheit, eine Erwartungshaltung erfüllen, aber auch mit Kunst durch individuelle Umsetzungsmöglichkeiten selbstbestimmt umgehen zu können.

Die Rückkoppelungen der Handlungserfahrungen aus den Instruktionen zur eigenen Welt der Jungen setzten einen originellen Sprach- und Ausdrucksraum. Dieser implizierte Selbstausdruck markierte ein expressiv ergreifendes Erfahrungsmoment für alle Beteiligten.

Deshalb können auf einer prozessualen Ebene die entstanden Lösungen von den RezipientInnen sogar als ein abstraktes Selbstportrait gelesen werden.

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